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Goldpimmel bestimmen das Weltgeschehen

Der tägliche Blick auf die Welt richtet sich heute auf Syrien und Russland. Es wird einiges umgedreht, damit sich neue Perspektiven erschließen können.

Die Turkmenen sind unsere Brüder, sagte Erdogan gestern.

Kommentar

Das schöne an Gedanken ist, dass man sie auch umdrehen kann. Während viele Beobachter in Putin eine unumgängliche Stärke sehen, die aus seinem Handeln entspringt, sehe ich vor allem Schwäche. Sicher, er spielt seine Karten hervorragend. Aber was bedeutet das schon außerhalb strategischer Überlegungen in unseren Köpfen?

Nicht viel. So kann Russlands Freundschaftsoffensive gegenüber Frankreich auch dazu führen, dass die neu gewonnen Freunde einfach sagen, dass man diese Terroristen wegen eines Idioten namens Al-Assad doch nicht einfach gefährden könne. Und dann? Das momentan vielzitierte „boots on the ground“ beinhaltet das Wissen, dass diese Stiefel auf dem Boden der Realität stehen. Man kann mit Flugzeugen vieles wegbomben, aber die Politik folgt am Ende der Realität auf dem Boden, zu deren Änderung Kampfjets nur unterstützend wirken. Sie schmeißen etwas auf die Welt, sie haben zugleich aber keine Verbindung zu dieser Welt.

Schon allein deswegen ist weder Frankreich noch Russland momentan ein ernstzunehmender Partner im Kampf gegen ISIS. Sie riskieren beide nicht sehr viel, vor allem beschäftigen sie sich sonderbarerweise nicht mit der Realitätsschaffung.

Ganz ähnlich ergeht es mir selbst im Internet. Nahezu täglich ploppen momentan neue Angebote auf, die mir erklären was ich möchte. Oder die mir erklären möchten, warum ich etwas möchte. Sobald dabei Algorithmen im Spiel sind, läuft es eigentlich immer darauf hinaus, dass versucht wird mein Nutzungsverhalten fortzusetzen. Mehr vom Gleichen. Wer sich dem eine Weile aussetzt, wird feststellen, dass dadurch vor allem Langeweile erzeugt wird. Denn egal ob ein Artikel nun kurz oder lang ist, am Ende läuft es auf sehr ähnliche Gedanken hinaus, die darniedergelegt werden.

Man kann das mögen, und sicher gibt es auch Menschen die das mögen, doch ergibt sich daraus nichts Neues. Man liest in einer Art Dauerschleife, in der man sehr viel Energie auf die Schaffung einer bestehenden Meinung legt, sich aber nicht mit der Realität befasst.

Nun ist dieses menschliche Streben ein altbekanntes. Wer im 19. Jahrhundert zu Reisen gedachte, hat zuvor seinen Posselt gelesen und sich anschließend meist sklavisch an dessen Anweisungen gehalten. Man solle gut vorbereitet sein, dann spare man Zeit. Man darf sich nicht treiben lassen, sonst verpasse man Besichtigungen. Ein Reisetagebuch müsse man führen. Das Reisen diene der Bildung. Und so weiter. Daraus entstanden viele Werke, die wir noch heute gerne lesen und darüber etwas über diese Zeiten erfahren. Doch jene, die sich diesen Vorgaben des Tuns unterwarfen, verpassten so das Ungeplante. Die Überraschung der Kleinigkeiten des realen Lebens, weil sie immer nur auf die großen Dinge schauten.

Das setzt sich heute fort, wird mittlerweile aber oftmals von Algorithmen gesteuert. Doch man sieht an der Kritik an den Algorithmen, wie fehlgeleitet ihre Warnehmung ist. So wird doch glatt kritisiert, dass man „die Überraschung der Kleinigkeiten des realen Lebens verpasse, weil man immer nur auf die großen Dinge schaue“. Das Bürgertum verpasste die Kleinigkeiten des Lebens schon immer und glaubt nun, dass der Reiseführer ok ist, nicht aber die Algorithmen.

Das Wehklagen müsste an dieser Stelle einsetzen, denn Leben heißt demnach, einfach mal das Gegenteil von dem zu tun, was ein gewisser Automatismus vorschreibt. Zurück zu Putin, Hollande und all unseren Freunden, heißt strategische Cleverness daher nur, das Gegenteil der Erwartungen zu tun. In dem Wissen, dass dies nicht wehtut, sondern nur alle überrascht.

Zu vielem, das in der Welt passiert, muss man folgendes Wissen:

Themen in Beobachtung

The U.A.E. isn’t just buying weapons, it’s using them. Initially, Emirati officials were reticent about their ground involvement in Yemen. By September, they were flying journalists there to showcase the troops in action.

Beim Lesen wird einem nach einer Weile auffallen, dass die militärische Grundlagenausbildung eines Herrschers dazu führt, dass ein Land sich militarisiert. Gewürzt mit einer Portion Paranoia und schon kann es abgehen. Doch aus der Verteidigung werden irgendwann Interessen und Üben muss eine Armee auch. So kommt es zum Krieg, wo ein Miniland eigentlich keinen Krieg führen müsste.

Bei all dem dringt immer wieder der Vorwurf durch, dass Obama sich nicht, wie Bush, zum besten aller Freunde dieser Herrscherkasten aufgeschwungen hat. Es stellt sich also die Frage, inwieweit auch dies zu Instabilitäten in der Region beitrug. Denn auch Proxy-Kriege werden aus einem Grund geführt und der ist oftmals ein Machtvakuum oder ein Akt der gegenseitigen Versicherung unter Bündnispartnern. Zugegeben, in dieser Frage steckt eine Beleidigung entgegen Europas Friedenspolitik oder das, was Europa dafür hält. Auffällig ist jedenfalls, dass die sinkende Bereitschaft der USA, der Stabilität Vorrang zu geben, einherging mit dem arabischen Frühling, der auch in stabilen Regionen zu Unsicherheiten führte.

Der Kern des Problems für die Nato.

The only thing worse than bilateral escalation is unilateral escalation.” If we fail to counter Russia’s actions, deterring and responding to Russia will become more difficult over time and we will be forced to do so having already lost the initiative. For this reason, even while the coalition expresses genuine interest in cooperating with Russia to fight ISIL, Turkey’s shoot-down of the Russian SU-24 makes sense.

Wenn man sich das russische Gebaren seit 2008 betrachtet, kann man dem nur zustimmen. Man ließ Georgien, auch dank Erdogan, hängen. Man erntete Separatisten. Man ließ die Ukraine hängen und erntete dafür Separatisten. In Moldau wollte man nie eine Lösung herbeiführen, man erntete starke Separatisten. Man kann nun die syrische Opposition hängen lassen oder das Land aufteilen. Man kann die russischen NGOs und GONGOs ignorieren und wird eine Zersplitterte Meinung der eigenen Gesellschaft ernten. Man kann auch das russische Fördern der Konflikte auf dem Balkan ignorieren und wird sich am Ende über die starken Separatisten wundern.

Immer geht es um Spaltung. Das Zerstören der Geschlossenheit.

Es existiert kein ernsthafter Hinweis darauf, dass Russland ein verlässlicher Partner sein wird. Zugleich sieht man aber, dass die Probleme die Putin erzeugt, immer größer werden. Von Georgien bis Syrien. Jeder Akt ist ein Stück größer als der vorherige. Nicht nur, weil Russland das kann, sondern weil man Putin immer wieder damit durchkommen ließ. Aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus. Was aber Quatsch ist, denn politische Börsen haben kurze Beine und das gilt insbesondere für politische Wirtschaftspolitik. Diese führt ohne Not ins Vasallentum und die Erpressbarkeit. Man schaue nur nach Belarus oder Tadschikistan. Die direkte Anwendung kann in Georgien oder Moldau studiert werden.

Was man tun kann? Putins Offerten ignorieren und einfach weitermachen. Dann muss er investieren und das wird immer schwieriger ohne zeitgleichen Ertrag.

as President Obama made clear at his news conference with French President Hollande on Tuesday. “We’ve got a coalition: 65 countries,” Obama said. “Russia right now is coalition of two: Iran and Russia supporting Assad.”

Manch Kommentator vermutet, dass Putin die Rationalität der Geopolitik des 18. und 19. Jahrhunderts zurückholen möchte. Ich denke nicht, dass er das möchte. Denn wäre Assad längst am Galgen. Die Stärkeren hätten sich geholt, was die Schwächeren nicht zu verhindern gewusst hätten. Wir leben nicht mehr in Zeiten der Kanonenbootpolitik. Russland versucht aber die Differenz zwischen damals und heute auszunutzen. Ebenso falsch ist es, zu vermuten in Syrien wolle Russland seinen Großmachtstatus wieder herstellen. In Syrien!?

Man muss der Weltkarte gegenüber schon sehr ignorant sein, um solche Gedanken zu äußern.

Ägypten zerstört Tunnel nach/von Gaza

Nächste Buchrezension im Blog

  • Katja Gloger – Putins Welt (Der Berlin Verlag stellt mir netterweise eine Rezensionsexemplar zur Verfügung. Das Buch kommt in die Reihe, da mir mehrere Empfehlungen zukamen. Ich versuche keine Erwartungen hineinzulegen.)
  • Atef Abu Saif – Frühstück mit der Drohne (Über den Krieg in Gaza aus der Erlebnisperspektive eines Bürgers.)

Buch (am Lesen)

  • Heinrich und Christine Gondela – Auf der Reise ins Paradies

Bücher (zu lesen)

  • John Lloyd & Laura Toogood: Journalism and PR (Auf die Studie stieß ich durch einen Artikel in der NZZ und einige Thesen klangen verheißungsvoll.)
  • Wendy Brown auch endlich ein Buch in Deutschland veröffentlichen darf. Lange genug hat es gedauert und ich habe an verschiedenen Stellen dafür geworben, da sie eine der schärfsten Beobachterinnen unserer Zeit ist.)
  • Navid Kermani – Zwischen Koran und Kafka: West-östliche Erkundungen (Kermani mag ich sehr, weil er versucht die Welten zu verbinden und genau das ist es, was auch wir hier viel mehr brauchen.)

Aktuelles Spiel

  • Fallout 4 (Die ersten 8h haben mich nur bedingt überzeugt. Gleichwohl, ich brauche auch immer so meine 10h, um mit solchen Welten warm zu werden. )
Marco Herack
Marco Herack

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