Der tägliche Blick auf die Welt richtet sich heute auf Deutschland und eine sonderbare Entwicklung in den USA. Dort entdeckt die Bevölkerung plötzlich, dass man sich im Krieg befinden könnte. Deutschland kennt diesen Diskurs noch aus Afghanistan. Ebenfalls wieder mit dabei, der Informationskrieg. Diesmal geht es um China.
Das Reisen hat ein kurzfristiges Ende. Im Dezember geht es weiter.
Wer in Moskau verweilt, wird eines Tages aufwachen und durch den Vorhang des Schlafgemaches hindurch einen blauen Himmel erblinzeln. Es ist nicht so, dass man diesen Himmel vermisst hätte, er war nur nicht da. Verhangen von tiefliegenden grauen Wolken, deren Tiefe beim Anflug von Moskau sehr genau erspürt werden kann. Und dann ist da die Sonne, die von einen tiefblauen Himmel umgeben ist. Die Laune hebt sich merklich, als ob Frühling wäre. Man kann kaum anders, als die Stiefel überzuziehen und sich in die dicke Winterjacke einzuhüllen um den Frühling bei -3 Grad zu genießen. Für zwei oder drei Stunden, ehe die Wolken die endlose Stadt wieder umhüllen und sich selbst zu überlassen.
Die Wahrheit
Bei ca. 00:48:00 führt Marietta Slomka aus, dass in der Redaktion viel diskutiert wird. Es prallen Meinungen aufeinander und dann entsteht eine redaktionelle Linke. Natürlich korrigiert sie sich gleich, aber „sie“ haben das schon immer gewusst.
Kommentar
Pegida und Flüchtlinge. In Deutschland gibt es scheinbar kein anderes Thema. Wenn man am Sonntag, nach einer gewissen Deutschlandabstinenz, den Presseclub einschaltet, dann wirkt dieser, als diskutiere man dort den Stand des August 2015.
Zaun, ja oder nein? Transitzonen vielleicht? Schaffen wir das? Ach Merkel. Ach Seehofer. Ach Welt.
Es ist eine Endlosschleife des ewig Gleichen. Als ob die Medien nur einen speziellen Zugang zu dem Thema finden würden und diesen immer wieder Abspulen, nämlich den politischen Diskurs, unterlegt von ein paar Hintergrundgeschichten über echte Menschen. All das, wird am Zeitablauf der Politik diskutiert. Braucht die nun noch fünf Jahre, würde es einfach fünf Jahre so weitergehen. Syrien, und die komplizierte Lage vor Ort, ist vielleicht noch ein Randthema. Über die Protagonisten des Krieges, unter denen die Kurden momentan die wichtigste Rolle spielen könnten, wird ohnehin fast nicht berichtet. Stattdessen Orban. Immer wieder Orban, der dem Reich des Bösen entstiegen ist. Als Gegenpol zu Merkel, lässt er sich wunderbar verkaufen. Doch wer stößt noch darauf, dass Orban beispielsweise im besten Putin-Style die ungarische Minderheit in der Ukraine für seine nationalistischen Zwecke mißbraucht (PDF, Seite 21)?
Es gäbe sehr viel zu berichten, man könnte einen sehr breiten Blick auf das Thema Flüchtlinge werfen und das Verhalten vieler Staatenführer in Europa unter die Lupe nehmen. Doch am Ende entscheidet man sich für die Provinzialität. Zugleich eskaliert in Deutschland die Lage und nicht einmal das thematisiert man.
Erwartet wurde, dass die Flüchtlinge, die in teilweise erbärmlichen Zuständen in Deutschland leben müssen, die Wut packt und sie erst sich gegenseitig und dann uns Deutsche abstechen. Stattdessen aber packt scheinbar immer mehr Deutsche die Wut. Sie attackieren Journalisten, Ausländer und Andersmeinende. Deutsche kümmern sich um die rechte Meinung der Deutschen, die rechts zu liegen hat. Damit verbreiten sie eine gewisse Angst vor Übergriffen, einen Schrecken der nicht-Wirksamkeit des Zupackens und Helfens. Verunsicherung. Es wird nur noch schlimmer. Die Lage eskaliert.
Die Angst der Bestandsdeutschen, vor den wilden Horden rechter Gesinnung, ist das Thema des Moments. Man redet aber, auch wenn es ebenfalls wichtig ist, hauptsächlich mit den Bedenkenträgern.
„Gratulation, Sie haben eine handvoll von über 4000 Teilnehmern gefunden, die in ihr vorgefasstes Bild passen“, „Ihr…
Posted by ZDF morgenmagazin on Donnerstag, 29. Oktober 2015
Themen in Beobachtung
- Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk hat ausgedient. Über eine sonderbare Persönlichkeit. (Buzzfeed)
- Der Kreml hat im Nachgang zum Flugzeugabsturz in Ägypten eine Kondolenzliste veröffentlicht. Ein kleiner Einblick in den Stand der internationalen Beziehungen. Während Merkel und Hollande zu vermerken sind, ist es Obama nicht.
- In den USA ist Syrien plötzlich wichtig (The Atlantic)
Ohne expliziten Auslöser geht es in der breiten Masse scheinbar nicht. Nachdem Obama seine neue Syrien-Strategie vorgestellt hat, fragt man sich dortzulande plötzlich, was in und mit Syrien los ist. Es mehren sich die runtergebrochenen Frage-Antwort-Stücke ebenso wie eine Diskussion darüber, was dieses „boots on the ground (BOTG)“ eigentlich bedeutet und ob Obama dafür nicht eine Erlaubnis des Kongresses benötigt. Anders formuliert: Befinden sich die USA im Krieg oder nicht?
For instance, if a US (or coalition) pilot was flying along when their plane blew up or got shot down, and a search and rescue team swooped in to pick him up before IS got hold of him and turned him into a gruesome video, would that count as BOTG? Well, quite literally, yes, because there would be ground, and there would be soldiers, and they would be wearing boots.
Die meinen das ernst!
- Was passiert mit der Bildung, wenn Krieg herrscht? (The Atlantic)
Dieser Artikel muss eigentlich außerhalb des Themas Syrien betrachtet werden, denn darin liegt seine Spannung. Im Kern geht es um die Frage, ob es eine spezielle Organisation, mit internationalem Format, braucht, die sich um Studenten und Hochbegabte aus Kriegsgebieten kümmert und ihnen Studienplätze verschafft oder ihre unterbrochene Bildung auffängt. Das Ziel solch einer Organisation wäre es, zu verhindern, dass in einem Land durch Krieg eine verlorene Generation entsteht. In Deutschland gibt es den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).
The recent influx of refugees into Germany has changed matters, however. DAAD is now focusing mainly on supporting German universities by funding tutoring, mentoring, and language courses, while simultaneously investing in what Hühlshörster calls “third-country scholarships,” or providing funds for Syrian refugees “to complete their education in neighboring countries like Turkey, Lebanon, Jordan, Egypt. In this case, we would pay tuition fees plus living expenses, in order to minimize the need to come to Europe for a better chance in life.”
- Informationskrieg in China. Die 50 Cent-Trolle (New Statesman)
Das Thema Informationskrieg ist an dieser Stelle ein stetes. Da es meist um Russland geht, tun ein paar Erkenntnisse aus China der Sache vielleicht ganz gut. Im vorliegenden Interview hat Ai Weiwei, der dissidente Künstler von dem die westlichen Medien momentan schwer enttäuscht sind, einen der Informationsguides interviewt. Das Stück gibt eine Menge her und geriert sich gen Ende zur Psychoanalyse. Was die Methodik der Manipulation betrifft, ist der effektivste Weg das Erzeugen von Emotionen. Anders gesagt, ist die Shitstormanfälligkeit von Facebook und Twitter unser größtes Einfallstor.
What’s the biggest difficulty in the work?
Perhaps it’s that you have to guess the psychology of netizens. You have to learn a lot of writing skills. You have to know how to imitate another person’s writing style. You need to understand how to gain the trust of the public and influence their thoughts.
Grenzen…
DW Life Links ist eine Art Vice News-Imitat der Deutschen Welle. Gar nicht mal so schlecht, aber wirklich sehr nah an Vice dran.
Nächste Buchrezension im Blog:
- Atef Abu Saif – Frühstück mit der Drohne (Über den Krieg in Gaza aus der Erlebnisperspektive eines Bürgers.)
Buch (am Lesen):
- Ray Bradbury – Fahrenheit 451 (Für mich dann abschließendes Werk aus der (Gegenwartsdystopie-Reihe.)
Bücher (zu lesen):
- John Lloyd & Laura Toogood: Journalism and PR (Auf die Studie stieß ich durch einen Artikel in der NZZ und einige Thesen klangen verheißungsvoll.)
- Wendy Brown auch endlich ein Buch in Deutschland veröffentlichen darf. Lange genug hat es gedauert und ich habe an verschiedenen Stellen dafür geworben, da sie eine der schärfsten Beobachterinnen unserer Zeit ist.)