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Die Kritiker des Zwangsbeitrages nehmen es nicht so genau

Der tägliche Blick auf die Welt richtet sich heute auf Michael Hanfeld und sein diffuses Bashing der öffentlich-rechtlichen Medienhäuser. Wichtiger ist aber vielleicht die Aufarbeitung des Angriffs der USA auf das Krankenhaus der Ärzte ohne Grenzen. Da tut sich einiges, wenn man es denn sehen möchte. Weniger bewegt sich in der Ukraine, aber das kann man ja mit markigen Worten kompensieren.

Ab Freitag bin ich auf Reisen, dann wird es wieder etwas ruhiger. Manchem gefällt das.

Schon gewusst?

US Drohneneinsätze unter Beteiligung von Ramstein als Signal-Ralais-Station für alle Ziele in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens.

Während seiner Dienstzeit flog Bryant Drohnen über dem Irak, Afghanistan, Pakistan, Somalia und dem Jemen. In diesen Einsatzgebieten hätten alle männlichen Personen im Alter von über zwölf Jahren als legitime Ziele gegolten. Wenn ein Opfer jünger gewesen sei, sei das aber auch nicht besondern tragisch genommen worden. Man müsse das Gras mähen, bevor es wachse, habe es dann geheißen. Mit anderen Worten: Aus Kindern wären später ohnehin Terroristen geworden.

Da der Mann aus seiner Drohnenkritik mittlerweile ein Geschäftsmodell gemacht hat, lasse ich persönlich bei Zuspitzungen dieser Art eine gewisse Vorsicht walten.

Kommentar

Es ist in diesem Land sehr einfach positiven Zuspruch in Kreisen zu bekommen, die über Geld verfügen. Dafür muss man nur wahlweise die IHK abschaffen wollen, den Euro kritisieren, die Regierung und ihre Verwaltungsaufgaben verdammen und über die GEZ wettern. Man nennt das dann nur anders. Da ist von Zwangsbeiträgen die Rede, staatlicher Erpressung, Diktatur und ähnlichem. Ein Wortführer der Kritik am Zwangsbeitrag für Rundfunkgebühren ist Michael Hanfeld, von der FAZ. Ein an für sich kluger Mann mit Werten, für die er steht. Alles vertretbar, gut geordnet und durchaus ein Fürsprecher des guten Journalismus. Ich mag ihn, was selten genug ist. Aber wenn er sich festgebissen hat, nimmt er es mit den Informationen nicht mehr so genau. Sie werden nur noch der Meinung nach einsortiert.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kann er nicht leiden und das liest sich dann entsprechend.

Ein Schattenspiel, über das man sich amüsieren könnte, hätte man nicht einen so hohen Eintritt bezahlt.

Momentan zahlt jeder Haushalt 17,50 Euro monatlich. Ein digitales Abonnement der FAZ kostet momentan 44,90 Euro (Montag bis Sonntag) und wird ständig teurer. Vor ca. zwei Jahren zahlte man noch 39,90 für das ePaper. Das sind nun 12,5% mehr. Man muss das mal ernsthaft vergleichen. Für 44,90 Euro monatlich bekomme ich von der FAZ einen Zugang zu einer App, die nicht sonderlich gut funktioniert und regelmäßig abstürzt. Das Abo ist im Kern an einen Account, im Regelfall also an eine Person, gebunden. Während sich bei der GEZ der Beitrag im Haushalt durch die Personen aufteilt, vervielfältigt er sich bei der FAZ ebenso theoretisch. Dabei bekomme ich nur Printartikel. Die Auslandsberichterstattung wird immer mehr zurückgefahren, Korrespondenten zieht man ab, und gerade in der Sonntagszeitung wird in dem Bereich gerne aus Sekundärquellen abgeschrieben und dies dann als eigene Recherche verkauft. Weder gibt es nennenswerte Audioinhalte, noch ernstzunehmende Videoreportagen oder ähnliches.

Selbst wenn ich die FAZ mit 44,90 je Haushalt ansetze, ist das 2,5mal soviel wie die Zwangsgebühr und ich bekomme nicht mal ansatzweise soviel Informationen. Man kann sich als Bürger sehr leicht ausrechnen, wie hoch die Kosten wären, wenn man sich das Programm bei unseren Freunden der absoluten wirtschaftlichen Freiheit käuflich erwerben müsste. Abgesehen davon, dass beispielsweise im deutschen Privatfernsehen kaum eigene Dokus produziert werden. Aber das wäre dann ja sicher alles anders.

Michael Hanfeld kann es sich natürlich auch nicht verkneifen auf das Gehalt der Intendanten einzugehen.

(die mehr als die Kanzlerin und bis zu 350.000 Euro im Jahr verdienen) [..] Der ganze Vergleichsmaßstab aber, der die Intendanten am Ende als Durchschnittsverdiener dastehen lässt, ist nichts als Quatsch.

Ich wäre an der Stelle vorsichtiger, die Gehälter bei der FAZ sind auch nicht gerade die eines Durchschnittsverdieners. Alles von „unseren Abogebühren und Werbung“ bezahlt. Belassen wir es dabei, dass die Herausgeber pro Kopf und Jahr rund 500.000 Euro kosten. Sie haben, wenn man es monetär und aufs Personal umgelegt betrachtet, wesentlich weniger Verantwortung als ihre öffentlich-rechtlichen Entsprechungen. Ich finde dieses ewige rumgehacke auf Dienstwagen und Einkünften beim öffentliche-rechtlichen Rundfunk vor allem auch deswegen so perfide, weil hier einerseits nach freier Marktwirtschaft gerufen wird, aber andernseits dann Gehälter kritisiert werden, die unterhalb der Marktpreise liegen, die jene kassieren, die da kritisieren.

Wir reden hier an keiner Stelle in diesem öffentlichen Diskurs, weder bei Kritikern noch bei Kritisierten, von Menschen mit einem Durchschnittsgehalt. Die sonderbare Zahlenlehre endet an dieser Stelle jedoch nicht.

[..]dass sich ARD und ZDF mitnichten, wie es in einem eingespielten Film hieß, „im Mittelfeld“ der öffentlich-rechtlichen Sender in Europa befinden, was die Finanzen angeht. Das gilt nur, wenn man auf die Höhe des Beitrags schaut, den jeder zahlen muss. In absoluten Zahlen sind ARD und ZDF mit rund acht Milliarden Euro allein aus dem Rundfunkbeitrag pro Jahr Weltspitze.

Das ist großartig. Hanfeld nimmt sich einfach die Statistik, die am besten in sein Bild passt. Allein, beide statistischen Betrachtungen machen nur bedingt Sinn bzw. sie ergeben gemeinsam Sinn. Denn die Pro-Kopf-Kosten müsste man noch mindestens mit der Kaufkraft abgleichen um sie vergleichbar zu machen und die Gesamteinnahmen variieren durch die unterschiedlich hohe Bevölkerungsanzahl in den EU-Ländern. Vom unterschiedlichen Aufbau der Sender und ihrer Qualität, gerade im regionalen Bereich, noch gar nicht zu reden.

Was bedeutet es, wenn Deutschland in absoluten Zahlen spitze ist, pro-Kopf aber im Mittelfeld? Dass man bereits Abstriche gemacht hat, die der zu versorgenden Publikumsmasse geschuldet ist. Sonst wäre man pro-Kopf und insgesamt am teuersten. Der Gag ist, dass dies weder der Journalist Hanfeld noch die Journalisten Marmor und Buhrow zu kommunizieren in der Lage sind.

Mein Problem mit diesem Rant ist nun nicht, dass Hanfeld mal der Kragen geplatzt ist und er sich ausspricht. Der Kram taucht immer wieder auf. Es ist das immer gleiche Lamento und es wird durch diese Wiederholungen nicht wahrer. Es ist obzessiv und verschwendet damit Platz für Kritik die wichtig wäre. Zum Beispiel könnte man sich viel intensiver der offensichtlichen Marktverzerrung im Bereich Fussball widmen, die durch die Gelder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erzeugt wird. Es finden Strukturreformen statt, die das Programm immer weiter gen Mittelmaß und Quote rücken, nur wird vor allem über das Gehalt der Intendanten und die Kosten ihrer Dienstwagen gesprochen. Das ist ja auch viel unkomplizierter als die sonst notwendigen Detailrecherchen und es erzeugt weniger Arbeit, solcherlei zu kommentieren. Man bekommt dann auch viel mehr Zuspruch im Bürgertum, von den Lesern. So haben wir aber nun eine Situation, in der man die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gegen unwahre Behauptungen verteidigen muss.

Man könnte auch sagen, dass die FAZ in diesem Bereich die monatlichen 44,90 Euro Eintrittsgebühren ihrer Leser für Kommentare und diffuse Gefühle verschwendet, statt sie in Journalismus zu investieren.

Da ich mich nun jedenfalls mal ausgesprochen habe, kann ich die nächsten zwanzig Tiraden dieser Art wieder locker ignorieren.

Themen in Beobachtung

Diese Nachricht wird zwar niemandem entgangen sein, aber ich möchte sie dennoch kurz ansprechen da sie einer gewissen Wichtigkeit für die nun folgenden Diskurse in Deutschland unterliegt. Vor allem soll sie um einen sehr wichtigen Artikel in der Zeit ergänzt werden, in die Frage behandelt wird, ob man all diese Leute Nazis nennen sollte oder nicht.

Mein erster Gedanke war die Frage, warum sich der Deutsche eigentlich immer von Ausländern gegen Ausländer aufhetzen lässt. Das ist recht sonderbar. Und auch wenn ich dafür wenig Applaus ernten werde, plädiere ich weiter dafür, dass unterschieden wird zwischen dem harten Kern von Pediga, der sich weiter radikalisiert und den Mitläufern. Gerade weil man Mitläufer auch wieder einfangen kann und vielleicht sogar auch muss. Gleichwohl, Pirinçci zeigt das extremistische Potenzial. Auch der Artikel von Hans Vorländer sollte nicht übersehen werden.

Dieses Interview ist auch als Ergänzung zur gestrigen Thematik der wirtschaftlichen Verflechtung/Abhängigkeit der Ukraine gegenüber Russland zu verstehen. Auch wenn es nicht direkt um dieses Thema geht, sind die Systemveränderung in der Ukraine jedoch auch eine Art Unabhängigkeit gegenüber dem großen Bruder aus Moskau. Sie erschweren den Eingriff von außen. Konrad Schuller hat das Interview leider etwas zu sehr an dem einen Populärthemen ausgerichtet, sodass uns tiefergehendere Einblicke erspart bleiben. Die Art der Antworten soll wohl so eine Art Stärke demonstrieren.

Wie wenig erfolgreich die Ukraine bisher gegen die Korruption kämpft kann der aktuellen Ausgabe der Ukraine-Analysen entnommen werden (Seite 11).

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung zu Korruption zeigen, dass die Zahl der Unternehmensleiter, die Korruption für ein verbreitetes Phänomen in ihrem Geschäftsumfeld betrachten, nach einem Rückgang 2014 jetzt sogar leicht über den Wert von 2013 gestiegen ist. Konkret erklärten 2013 insgesamt 62% Korruption für verbreitet, 2014 nur noch 52% und 2015 wieder 64%. Eine ähnliche Einschätzung zeigt sich bei informellen Beziehungen zu staatlichen Behörden. Der Anteil derer, die glauben, dass informelle Beziehungen mit den Behörden für den Geschäftserfolg wichtig sind ist nach einem Rückgang von 43% auf 38% in diesem Jahr wieder auf 43% gestiegen

An NBC News report on Oct. 15 claimed that cockpit audio recordings from the gunship that carried out the attack show that the crew questioned whether the airstrike was legal and that a Pentagon official has acknowledged that the raid may amount to a war crime. Legal experts say the strike could meet the definition of a war crime if evidence showed that the officers involved did not take sufficient precautions to identify what was being targeted and to determine if civilians could be endangered by the attack.

Man kann aber natürlich weiterhin nur Informationen konsumieren, die darauf hindeuten, dass die USA nun alles vertuschen. Das ist viel lustiger und taugt für mehr Häme.

Intifada 3.0: Über die Auswirkungen in Jerusalem

Nächste Buchrezension im Blog:

  • Atef Abu Saif – Frühstück mit der Drohne (Über den Krieg in Gaza aus der Erlebnisperspektive eines Bürgers.)

Buch (am Lesen):

  • Wendy Brown auch endlich ein Buch in Deutschland veröffentlichen darf. Lange genug hat es gedauert und ich habe an verschiedenen Stellen dafür geworben, da sie eine der schärfsten Beobachterinnen unserer Zeit ist.)

Bücher (zu lesen):

  • John Lloyd & Laura Toogood: Journalism and PR (Auf die Studie stieß ich durch einen Artikel in der NZZ und einige Thesen klangen verheißungsvoll.)
  • Ray Bradbury – Fahrenheit 451 (Für mich dann abschließendes Werk aus der (Gegenwartsdystopie-Reihe.)
Marco Herack
Marco Herack

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