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Das Ende des Transatlantikers Karl-Theodor zu Guttenberg?

Der tägliche Blick auf die Welt dreht sich heute um den Nabel von Karl-Theodor zu Guttenberg, die Nachdenkseiten und die amerikanisch-israelischen Beziehungen. Mehr riesengroße Konfliktfelder konnte ich nun wirklich nicht in einen Tag packen.

Kommentar

Heute ist Montag. Das muss man nicht weiter kommentieren.

Am Samstag hingegen habe ich bei der NZZ einen Text über mein Lieblingsthema, den Informationskrieg und seine Abwandlung in Verschwörungsblogs gelesen. Als Basis diente eine Studie der Otto-Brenner Stiftung, die mittlerweile nicht mehr abgerufen werden kann. Der Grund ist, dass es rechtliche Auseinandersetzungen gibt. Und so verhindern nun gerade jene, die sich die vermeintliche Aufklärung auf die Fahnen geschrieben haben, eine Aufklärung über ihr Schaffen, ihr Treiben und ähnliches. Von der Kritk mitbetroffen waren die allseits beliebten Nachdenkseiten, die sich nach der Veröffentlichung nicht zu doof waren, von

einer «Kampagne, die gegen jene läuft, die für Gegenöffentlichkeit stehen». Es gehe «um Lähmung und Aufspaltung des linken Spektrums»

zu schwadronieren. Bei solchen Sprüchen werde ich wach.

Wie kann es denn sein, dass eine „kritische Gegenöffentlichkeit“ die nahezu täglich das Versagen der „Mainstreammedien“ verkündet und verurteilt, gleich den Untergang des kritischen Abendlandes vermutet, wenn sich mal jemand hinstellt und beginnt auch die Kritiker kritisch zu hinterfragen? Was will uns Müller mit dieser Rhetorik verkünden, außer dass er nicht kritikfähig ist und somit auch nicht glaubwürdig? Das ist die reinste Ideologie, obwohl die Nachdenkseiten in der Studie so schlecht nicht wegkamen.

Seit jeher ist es mE problematisch, dass sich viele Kritiker im Laufe der Zeit inhaltlich dem zuwenden, wofür sie Jubel bekommen. Denn das finanziert sie und manifestiert ihre Aufmerksamkeit. Wenn aber genau das nicht mehr hinterfragt werden darf, weil man sonst als Spalter gilt, dann geben wir als Leser einen Freifahrtschein für unsere eigene Manipulation heraus. Die Nachdenseiten haben einen merklichen Einfluss. Artikel die sie in ihrer Medienübersicht verteilen, bekommen, soweit meine Erfahrung, 5-6.000 Leser mehr. In Einzelfällen sicher auch mehr oder weniger. Das heißt vor allem eines: Verantwortung gegenüber vielen Lesern. Dieser Verantwortung kann man nur gerecht werden, wenn auch Selbstkritik geübt und Kritik zugelassen wird.

Ich sehe dieses Zulassen nicht, aber eine Menge Abwehrhaltung. Dabei bräuchten wir durchaus glaubwürdige Korrektivmedien.

Der NZZ-Artikel verpackt die Studie der Otto-Brenner Stiftung sehr feinsinnig und zieht die „Mainstreammedien“ zur Verantwortung.

Themen in Beobachtung

Dennis Ross hat ein Buch über die amerikanisch-israelischen Beziehungen geschrieben. Damit das alles knallt und sich gut verkauft, konnte er es sich nicht verkneifen einen kleinen Aufreger einzubauen. Kurz vor bevor die USA den Iran-Deal zum Abschluss brachten, gab es ein 90minütiges Telefonat zwischen Obama und Netanjahu. Susan Rice umschrieb ihre Eindrücke des Telefonats wie folgt:

In her view, the Israeli leader did everything but “use ‘the n-word’ in describing the president.”

Dieser Aspekt des Gesprächs frißt nun scheinbar alles auf, zumindest was den öffentlichen Diskurs betrifft. Dabei beteuern alle Beteiligten, dass sie Netanjahu nicht für einen Rassisten halten, sondern dies lediglich eine Beschreibung des angespannten Verhältnisses zwischen den beiden Herrn sein soll. Wenn man das Gespräch zwischen Ross und Goldberg liest, dass The Atlantic gekürzt abdruckt, bekommt man einen angenehm tiefen Einblick in dieses angespannte Verhältniss. Doch eigentlich geht es Ross nicht nur um die beiden, sondern um einen historischen Blick auf die Beziehungen zwischen den USA und Israel. Das kommt hier etwas kurz, zumal er ein paar interessante Hinweise gibt.

Ross: You know, every administration has had within the national-security apparatus a constituency that looked at Israel as a problem. It was a problem for us. It was something we had to deal with, and it created a problem for us in the region.

oder

Goldberg: Part of the reason Barack Obama put daylight between Israel and the U.S., part of the reason he talked critically about Israeli decisions he didn’t like, was that he was reacting to eight years of Bush’s no-daylight policy. We have now, for the moment at least, the putative Democratic nominee—Hillary Clinton—who is opposed to this daylight idea.

Es ist schwer zu übersehen, dass ich mich in letzter Zeit verstärkt mit Osteuropa und Russland beschäftige. Der Grund ist, dass egal wohin man in der außenpolitischen Sphäre momentan greift, ein gewisser Wladimir Wladimirowitsch Putin auftaucht und die bestehenden Handlungsmuster und Vereinbarungen durcheinander wirbelt. Der Mann schafft aktiv Arbeitsplätze in diversen Think Tanks und gelegentlich auch neue Think Tanks.

Nicht Putin höchstpersönlich, aber sein ehemaliger Mitstreiter Vladimir Yakunin, der wohl wegen zu offensichtlicher Korruption unter Beschuss stand und dann seinen Posten als Eisenbahnminister räumen musste, weil sein Sohn zudem die englische Staatsbürgerschaft beantragte, ist gerade aktiv dabei einen Think Tank zu gründen. Dieser soll aus dem im Jahr 2003 von Yakunin gründeten „Dialog der Kulturen„, der einmal jährlich auf Rhodos stattfindet, entstehen. Allerdings diskutieren dort vorwiegend Vertreter diverser Kulturen, die sich einig sind. Also kirchlich-orthodoxe Genossen, Russophile, Freunde des Anti-Amerikanismus, Euro- und Europaskeptiker bis hin zu Vaclav Klaus und Karl-Theodor zu Guttenberg.

Richtig, unser Ex-Verteidigungsminister, der bisher als ausgewiesener Transatlantiker galt, begab sich quasi in die entgegenliegende Ecke seiner bisher verkündeten Ideologie. Das ist so sonderbar, zumal per Pressemitteilung beworben, dass man damit zunächst wenig anzufangen weiß. Wie Politico berichtet, wurden die Reisekosten der Teilnehmer dieses Jahr nur noch teilweise übernommen. Am kostenlosen Genuß wird es also nicht gelegen haben. Vielleicht war es auch nur eine Bildungsreise. Und, wenn ich spekulieren darf, ein Versuch folgender Natur.

Guttenberg hat in der CSU noch immer eine starke Basis hinter sich. So wie der in ganz Deutschland geschmähte Mappus aus Baden-Württemberg sich ebenfalls auf seine heimische Basis verlassen kann. Im Februar fiel Guttenberg damit auf, dass er sich zu einer Kaminrunde mit Georg Fahrenschon und Manfred Weber traf. Auch sonst grantelt der Herr immer wieder mal rum. Horst Seehofer, ein Freund des Einbindens potenzieller Konkurrenten, holte ihn kürzlich in sein Kompetenzteam für die nächste Landtagswahl. Auch Angela Merkel signalisierte, dass sie ihn nicht gänzlich ausschließt.

Es wirkt ein wenig so, als ob Guttenberg die Strategie fährt, dass man ihn nahehält, damit er nicht zu sehr ins gegnerische Lager abdriftet. Dafür setzt er gelegentliche Akzente, zu denen auch solche Veranstaltungen gehören. Auch scheint er damit die Fühler in das rechtskonservative Lager auszustrecken, mit dem die in der Mitte angesiedelten CDU-Granden nicht so recht können und das Leute wie Söder nur in plattester Form zu bedienen vermögen. Ein wachsendes Bedürfnis dieser politischen Richtung, sie zu artikulieren und Einfluss zu nehmen, ist in jedem fall unübersehbar.

Es wäre nicht sein dümmster Gedanke.

Zu dem Thema habe ich keine ausgeprägte Meinung, da ich nicht wüsste, wie man sich diese als Privatperson verschaffen sollte. Verträge dieser Art sind schlichtweg zu komplex und die öffentlichen Debatten über sie reduzieren diese Komplexität zu ideologisch. Mir ist zum Beispiel nicht klar, warum man der EU unterstellen sollte, dass sie gleiches in TTIP verhandelt, wie es nun in TPP steht. Ähnlich schwierig finde ich das Thema Transparenz. Natürlich müssen Verhandlungen bis zu einem gewissen Punkt geheim geführt werden. Sie müssen anschließend aber auch einem demokratischen Prozess zugeführt werden. Es ist komplett hysterisch und TPP bestätigt angeblich alle sorgenvollen Sorgen für TTIP. Warum auch immer.

Die Frauen von Burkina Faso

Besonders Minute 7:20 hat es mir angetan. Für mehr solcher Polizistinnen und Leibwächterinnen.

Nächste Buchrezension im Blog:

  • Robert James Fletcher – Inseln der Illusionen

Buch (am Lesen):

  • Saskia Sassen  – Ausgrenzungen: Brutalität und Komplexität in der globalen Wirtschaft (Auf das Buch stieß ich während meines Berlin-Besuchs. Es passt sehr gut zu den vielen Gesprächen die ich führte und die hier noch zu verarbeiten sein werden.)Wendy Brown – Die schleichende Revolution: Wie der Neoliberalismus die Demokratie zerstört (Es ist mir entgangen, dass

Bücher (zu lesen):

  • Wendy Brown auch endlich ein Buch in Deutschland veröffentlichen darf. Lange genug hat es gedauert und ich habe an verschiedenen Stellen dafür geworben, da sie eine der schärfsten Beobachterinnen unserer Zeit ist.)
  • Katja Gloger – Putins Welt (Der Berlin Verlag stellt mir netterweise eine Rezensionsexemplar zur Verfügung. Das Buch kommt in die Reihe, da mir mehrere Empfehlungen zukamen. Ich versuche keine Erwartungen hineinzulegen.)
  • Ray Bradbury – Fahrenheit 451 (Für mich dann abschließendes Werk aus der (Gegenwartsdystopie-Reihe.)
Marco Herack
Marco Herack

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