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Drohnenangriffe auf Guardian-Headlines

Ich probiere hier ein neues Format aus. Im Idealfall täglich, aber wann trat der Idealfall jemals ein?

Nächste Buchrezension im Blog:

  • Zacharias Amer – Zenobia

Die gestern angekündigte Besprechung von Katrin Rönickes „Bitte Freimachen“, habe ich tatsächlich heute schon geschafft.

Kommentare

In den letzten Monaten habe ich mich sehr intensiv mit dem Thema Infokrieg auseinandergesetzt und zweifelsohne bekommen meine Follower auf Twitter das zu spüren. Manch einer scheint nicht ganz zufrieden mit den Ergebnissen:

Der Auslöser war ein Artikel über Jermey Corbyn, der mit teils harschen Worten seine Glaubwürdigkeit in Zweifel zog. Es gibt auch sanftere Statements, die in eine ähnliche Richtung zielen. Doch da nicht wenige gerade am unreflektierten Feiern sind, zog ich diese Variante vor. Der Punkt an Corbyn ist, dass er in wesentlichen Aspekten die Ansichten des Kreml 1:1 vertritt.

Nun ist es für mich aber nicht so, dass Infokrieg bedeutet, dass Gehirne gewaschen werden. Dafür war ich dann doch zu lange in der DDR und auch aus Russland hört man da eher Gegenteiliges. Den Artikel hatte ich gestern bereits verlinkt, es sind weniger als 30% Überzeugte. Je nachdem wo man hinschaut. Propaganda kann immer nur da wirken, wo der Boden bereitet ist. Das heißt, das Glaubensfundament muss da sein und den Rest erledigt der Mensch dann selber. Er präferiert die Informationen, die in sein Weltbild passen. Deswegen ist der größte Ausdruck des Infokrieges während der Ukraine-Krise auch der Zweifel gewesen. Die explodierende Informationslage aus allen Lagern hat zu einer Vervielfältigung der Interpretationsmöglichkeiten geführt. Das erzeugte Verunsicherung und diese wiederum ermöglichte vielfach moralische Rechtfertigungen im Sinne von: „Der Westen macht das doch auch.“

Man hat immer die Wahl. Um diese aber treffen zu können, braucht man Zeit. Das Hauptziel des Informationskrieges ist die Entscheidunglosigkeit innerhalb dieser Differenz.

Themen in Beobachtung

Im Jemen sind mehr Zivilisten durch Drohnenangriffe getötet worden als Al Kaida-Kämpfer. Zumindest sagt das die UN. Damit bestätigt sich ein Erkenntnistrend, demnach die Effizienz der Drohnenangriffe darauf beschränkt ist, dass keine eigenen Soldaten unter Feuer stehen.

If accurate, the UN’s estimates would represent a significant rise in confirmed civilian casualties in the country as a result of drone strikes.

Wer diesen Artikel liest, muss sich vor allem von der Headline lösen. Russland hat nie ein Angebot gemacht, eine Lösung in Syrien herbeizuführen, die Assad exkludierte. Leider wird aber genau diese Überschrift nun als Tatsache in den sozialen Netzwerken rumgereicht. Vielmehr hat Martti Ahtisaari mit Vitaly Churkin gesprochen. Dieser sagte Ahtisaari drei Dinge, die man tun sollte („should“). Darunter einen Weg finden, wie man Assad einen Abgang in Ehre bieten könne. Das war 2012 und wurde seitens des Kremls nie offiziell angeboten. Der Artikel entschärft seine eigene Überschrift. Außerdem hat Assad immer betont, dass er nicht zur Seite treten werde.

Wichtig ist an dieser Stelle zu wissen, dass Prozesse in diesen Institutionen eher selten zu stoppen sind. Wenn man sich also auf ein vages Angebot einlässt und es diplomatisch weiterverfolgt, dann kostet es Monate oder gar Jahre umzuschwenken. Dass Russland derweil Assad aufrüstete, ist aus heutiger Sicht unstreitbar. Sie hätten während eines solchen Prozesses, der vielleicht auch einen Waffenstillstand beinhaltete, noch viel besser aufrüsten können.

“The weakest point is Ahtisaari’s claim that Churkin was speaking with Moscow’s authority. I think if he had told me what Churkin had said, I would have replied I wanted to hear it from [President Vladimir] Putin too before I could take it seriously. And even then I’d have wanted to be sure it wasn’t a Putin trick to draw us in to a process that ultimately preserved Assad’s state under a different leader but with the same outcome.”

Ein wirklich viel zu wenig beachtetes Thema ist die Aufrüstung in Osteuropa. In Polen gibt es beispielsweise privat organisierte Milizen, die sich auf die Landesverteidigung vorbereiten. Mit dem Militär wollen sie nicht zusammenarbeiten. In Estland bildet sich gerade ein ähnliches Konstrukt, auch wenn es kooperativer gegenüber dem Staat scheint. Die Angst in dem Lang scheint groß und nicht ganz unbegründet. Zum einen gibt es eine merkliche russischen Diaspora, wie in der Ukraine. Zum anderen wurde von Russland Eston Kohver vom estnischen Staatsgebiet entführt. Als Reaktion darauf plant man nun den Bau eines Grenzzaunes.

But Tallinn fears the Kremlin could incite unrest among Estonia’s own ethnic Russian, who account for some 25 percent of the population, concentrated in Tallinn and around Narva near the border.

Vice News mit einer Reportage über Flüchtlingsökonomie in Libyen.

Buch (am Lesen):

Gabriel Tarde – Masse und Meinung

Bücher (zu lesen):

  • Lena Gorelik: Null bis unendlich (Ich schätze Lena Gorelik sehr. Sie hat in den letzten Jahren einen großen Sprung gemacht, dieser Roman könnte ihr Durchbruch sein.)
  • Atef Abu Saif: Frühstück mit der Drohne (Aus der Sicht einer Privatperson. Angeblich mit Aussparung von Propaganda. Ein neues Genre?)
  • Sabine Rennefanz: Die Mutter meiner Mutter (Von ihrem Erstling „Eisenkinder“ war ich sehr begeistert. Hier auch ein Podcast mit der Autorin. Nun hat sie eigentlich noch einen Erstling veröffentlicht. Der erste Roman. Eine Prognose wage ich nicht.)
Marco Herack
Marco Herack

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